Dieser Brief ging an die Mitglieder des Verkehrsaussschusses, unterzeichnet von knapp 700 Bürgern
Sehr gehrte Damen und Herren,
Wer kontrolliert die Flugkontrolleure?
Diese Frage stellte die Friedrichshagener Bürgerinitiative bereits im November 2011 öffentlich, nachdem
sie nachweislich Manipulationen, willkürliche Auswertungen, fehlende Informationen und Täuschungen
in den Abwägungsunterlagen der Deutschen Flugsicherung feststellen konnte (Anlage 7). Bis heute
warten wir auf eine Stellungnahme/Antwort von der DFS zu unseren konkreten Fragen und Vorwürfen.
Wir möchten Sie darauf aufmerksam machen, dass mittlerweile auch auf anderen Wegen scheibchenweise
Informationen an die Öffentlichkeit gelangen, die zeigen, dass noch weit mehr Berlinerinnen und
Berliner durch die Auswirkungen des Flughafens BER betroffen sein werden, als die offiziellen Unterlagen
und Aussagen der DFS und des BAF derzeit suggerieren.
Aus aktuellen Unterlagen der Deutschen Flugsicherung (DFS) geht hervor, dass nach Eröffnung der
Flughafens neue „de facto“-Flugrouten geflogen werden, die zwar für die Airlines und den Flughafen
wirtschaftlich sind, aber weite Teile Berlins mit Lärm, Feinstaub und Abgasen überziehen werden. Die
vorgenannten Unterlagen wurden vom Berliner Niederlassungschef der DFS, Hr. Niebergall, und dem
verantwortlichen Planer der Flugrouten für den neuen Flughafen BER, Hr. Ertler, im Rahmen einer
Informationsveranstaltung am 20.02.2012 in Erkner persönlich vorgestellt (Anlage 6).
Die Verantwortlichen der DFS geben somit erstmalig öffentlich zu, dass real nicht die in der Abwägung
vom Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) gewählte Route 25, sondern die Route 21 geflogen
werden wird (Anlagen 1 und 2). Die Route 21 ist durch das BAF aber nicht genehmigt und daher auch
rechtlich äußerst problematisch. Dies umso mehr, als die Route 21 ebenfalls Teil der Abwägungsunterlagen
war und aufgrund der hohen Betroffenenzahlen und Lärmbelastungen als offizielle Flugroute
ausgeschlossen wurde!! Diese Route allein wird nach den veröffentlichten Zahlen der DFS 1,1 Millionen
Menschen in der Hauptstadt belasten (Anlage 3), darunter viele Mitbürgerinnen und -bürger, die noch
gar nicht damit rechnen, da die offiziell veröffentlichten Unterlagen ja bisher Routen präsentieren, von
denen die Ersteller aber bereits jetzt schon wissen, dass diese im realen Flugbetrieb nicht zur
Anwendung kommen werden. Entsprechende Hinweise zu dieser Problematik sucht man in diesen
Unterlagen vergeblich.
Auch das Umweltbundesamt hatte in seiner Stellungnahme vom Januar 2012 explizit auf diese
Problematik hingewiesen:
„Problematisch und rechtlich bedenklich wird das Verhältnis von vorgeschriebenen Flugverfahren
(Flugrouten) zu Einzelfreigaben oder Flugverkehrskontrollfreigaben außerhalb der vorgeschriebenen
Flugverfahren dann, wenn sich in der Praxis des Flugbetriebs Einzelfreigaben derart häufen, dass sich
neben den im vorgesehenen Verfahren durch Rechtsverordnung BAF festgelegten Flugrouten
aufgrund entsprechender Verwaltungspraxis der Flugverkehrskontrollstellen zusätzliche faktische
Flugrouten herausbilden.“ (Seite 93).
Die Friedrichshagener Bürgerinitiative geht davon aus, dass es im Süden Berlins ab Juni zu Frankfurter
Verhältnissen kommen wird. Die Menschen in Köpenick, in Adlershof, Treptow und Neukölln werden aus
„allen Wolken“ fallen, wenn sie plötzlich frühmorgens von Fliegern geweckt werden und abends nicht
einschlafen können. Sie werden ihre Wut und Ohnmacht an die Politik adressieren und Sie, sehr geehrte
Damen und Herren, werden dann weitgehend machtlos gegenüber dem Flughafen und den
Genehmigungsbehörden sein.
Es liegt an Ihnen, dieses absehbare Szenario noch vor Inbetriebnahme zu verhindern. Es ist mittlerweile
bekannt, dass durch ein verändertes Betriebsregime am Boden des Flughafens und durch den abhängigen
Parallelbetrieb sich die Auswirkungen beträchtlich mindern lassen (siehe Stellungname des
Airport Research Center vom 08.12.2011 = Anlage 5). Die damit verbundenen Kapazitätseinbußen wären
marginal (3 Prozent). Bei allen drei sinnvollen Maßnahmen, zu denen in dem vorgenannten Dokument
Stellung genommen wird, hat das Land Berlin als Miteigentümer des Flughafens die Möglichkeiten der
direkten Einflussnahme. Lassen sie nichts unversucht zum Schutze der Bevölkerung!
Die Bürger sind es leid, in den Protokollen des Abgeordnetenhauses gegenseitige Schuldzuweisungen
der Parteien zu lesen! Wir appellieren daher an Sie, gemeinsam Ihre Verpflichtungen gegenüber den
Bürgerinnen und Bürgern des Landes Berlin wahrzunehmen und sie vor den gesundheitsschädigenden
und unnötigen Auswirkungen der Überflüge jetzt so weit wie möglich zu schützen. Die notwendigen
Informationen halten Sie in den Händen. Engagieren Sie sich im Verkehrsausschuss für eine intelligente
und zeitnahe Lösung des Problems, denn nur so vermeiden Sie Frankfurter Verhältnisse in der
Hauptstadt – in unserem und Ihrem Interesse.
Gez.
Friedrichshagener Bürgerinitiative (FBI) und Teilnehmer der Friedrichshagener Montagsdemo