Gunnar Schupelius von der B.Z. schrieb in der letzten Woche in der B.Z. eine Glosse, in der er u. a. forderte, dass die armen, friedlichen Fluggäste in Schönefeld nicht mehr von Demonstranten gegen Fluglärm belästigt werden dürfen. Dazu schrieb er zwei Artikel am 4. Februar und – nachdem er angemessene Antworten von Fluglärm-Betroffenen erhielt einen zweiten am 9. Februar.
Diese Artikel durften nicht unkommentiert bleiben.
Antwort von Ralf Müller auf den Artikel vom 5. Februar:
Sehr geehrter Herr Schupelius,
Sie stellen in Ihrer Darlegung „Lärmgegner belästigen Fluggäste“ 2 Fragen, die ich Ihnen gerne beantworte.
1.
Sofern ein Flughafen zumindest zu 50 % dem Staat (und damit uns allen) gehört, kann eine Demonstration nicht mit Hinweis auf das Hausrecht untersagt werden. Dies ist bereits vom Bundesverfassungsgericht entschieden worden. Auch die Art der Demonstration – z.B.eine inhaltliche Konfrontation mit dem Anliegen der Demonstranten zu ermöglichen – ist rechtlich abgesichert. Insofern haben Sie die Anwendung eines demokratischen Grundrechts erlebt. Halten Sie Ihre Wortwahl diesbezüglich noch für angemessen?
2.
Seit 1994 (Raumordnungsverfahren) ist bekannt, dass am Standort Schönefeld kein internationales Drehkreuz, mithin also kein Großflughafen betrieben werden kann. Der Standort ist wegen der dichten Besiedlungsstruktur ungeeignet.
Wenn jetzt erstaunt oder erbost festgestellt wird, dass alle Versuche bekämpft werden, aus diesem Flughafen mehr als einen zweitklassigen Zubringerflughafen (secondary hub) zu machen, so haben die betreffenden Personen die entsprechende Faktenlage seit 1994 wohl ignoriert.
Natürlich wird es auch im neuen Terminal Demonstrationen geben, da bisher keinerlei Einlenken der Flughafenverantwortlichen erkennbar ist, diesen Flughafen auf die am Standort vertretbaren Kapazitäten zu beschränken.
Völlig ohne äußere Not (der Standort Tegel war dem kalten Krieg geschuldet) hat man sich politisch für einen nicht entwickelbaren und nur massiv eingeschränkt nutzbaren Standort entschieden – nachvollziehen muss man dies als Bürger nicht. Der jetzt geplante Betrieb ist weder menschen- noch umweltverträglich möglich. Genau deshalb wird Berlin künftig in einer Reihe mit Frankfurt und anderen Flughäfen stehen: So wird durch die politischen Machenschaften mutwillig deutsche Infrastruktur in den Sand gesetzt. Ihre diesbezügliche Kritik an den Folgen, hier in Form von Demonstrationen, ist bei den verantwortlichen Politikern an der richtigen Adresse – nicht bei den Demonstranten.
Mit freundlichen Grüßen
Ralf Müller
Nachtrag: Aufgrund seines Leserbriefes wurde Ralf Müller von Gunnar Schupelius am 19.02.2012 in dessen Sendung „Schupelius Fragt“ eingeladen. Anbei das Video zur Sendung.
Antwort von ROCCO auf den Artikel vom 9. Februar:
Hallo Herr Schupelius,
ich denke jeder halbwegs humoristisch veranlagte Mensch und Fluglärmgegener kann aus Ihrer Glosse herauslesen, dass sie mindestens mit einem zwinkermdem Auge geschrieben ist. Außerdem leisten Sie ja sicher auch als Blitzableiter der Fluglärmbewegung einen ehrbaren Dienst. Ich konnte heute wieder auf Nein drücken und fühlte mich gleich besser.
Was mir nur ein wenig Kopfzerbrechen bereitet, ist ein sukzessives Aufweichen bestimmter Bürgerrechte hier in Berlin, zu denen die Versammlungsfreiheit mit an vorderster Stelle gehört. Wir Fluglärmgegner mussten feststellen, dass innerhalb einer Woche zwei Veranstaltungen kurzfristig durch Intervention von oben „abgeändert“ wurden. Die Demo am Ku’damm und die Kunst-Aktion heute auf der Berlinale. Bedauerlicherweise haben Sie mit Ihrem letzten Artikel wahrscheinlich unbewusst genau in diese Kerbe reingehauen, als sie das mühsam von Bürgern erstrittene Recht auf „Inhouse-Demo“ durch Horst (70) oder so ähnlich konterkarriert haben.
Ich kann Ihnen zumindest sagen, dass es in Friedrichshagen schon lange nicht mehr primär um Flugrouten, Lärm und Schönefeld geht, sondern um die schleichende Demokratieveränderung in unserer Stadt. Die Sie doch sicher auch tagtäglich mitbekommen. Habe ich nicht auch in der B.Z. jüngst das Foto vom A100-Bagger in der Laubenpieper-Kolonie gesehen?
Also meine Bitte an Sie – lassen Sie uns doch einfach weiterdemonstrieren und damit unsere Bürgerrechte ausüben. Das ist übrigens weit wichtiger und besser für unsere Stadt als ein Marmorboden-Flugplatz im Märkischen Sand.
In diesem Sinne
ROCCO
Furchterregende Demonstrantinnen in Wollmützen…
Nachlese oder „Die zwei Gesichter des Herrn Schupelius“
Das Internet hat ein gutes Gedächtnis: So viel zu Herrn Schupelius und seine Haltung zu Infrastrukturprojekten, wenn sie in „seinem Wohnumfeld“ realisiert werden.