Hier als Vorabinformation die Position der Friedrichshagener Bürgerinitiative zur Sitzung der Fluglärmkommission am 23. Mai 2011.
„Fluglärmkommission muss Verwirrspiel um Müggelseeflugrouten heute beenden“ Gesundheit der Bürger im Südosten Berlins geht vor BBI-Profit . Erkenntnisse der Lärmforschung nicht länger ignorieren
Berlin-Friedrichshagen, 23. Mai 2011 – Vor ihrer heutigen Sitzung appelliert die Bürgerinitiative Berlin-Friedrichshagen (FBI) an die Fluglärmkommission, den seit Monaten schwelenden Konflikt um geplante Müggelsee-Flugrouten endlich zu beenden und sich damit für die Gesundheit der Bürger im Südosten der Stadt einzusetzen. Das weiträumige Umfliegen der südöstlichen Berliner Seenregion wurde seit Jahren den Köpenicker Bürgern versprochen, zuletzt aber von Planern still und leise unter der Bezeichnung „Alternativrouten 21-25“ in Frage gestellt.
Bei der heutigen Sitzung der Fluglärmkommission werden die bislang vertagten Abflüge nach Osten und die Anflüge verhandelt, nachdem die letzte Sitzung für Aufatmen im Südwesten Berlins gesorgt hatte. Zu verschiedenen Anlässen hatten Kommissionsvertreter aus Treptow-Köpenick und Regionalpolitiker die Öffentlichkeit zuletzt beruhigt, dass der alte Planungsstand Gültigkeit habe und der Berliner Südosten und die Müggelseeregion von Fluglärm verschont bliebe. Experten vermuten indes, dass genau eine solche Empfehlung – neue Flugrouten über den Müggelsee – weiterhin diskutiert wird.
Gleichzeitig fordert die FBI Berlin von der Kommission wissenschaftliche und medizinische Erkenntnisse bei ihren Routenempfehlungen zu berücksichtigen und empfiehlt die Beauftragung eines Lärmfolgen-Gutachtens für den Südosten Berlins.
Die FBI weist darauf hin, dass entsprechend der Angaben der Deutschen Flugsicherung (DFS) zwischen 250.000 und 1.200.000 Menschen vom Fluglärm der über den Müggelsee abknickenden Startrouten (je nach Flugroute) betroffen sein könnten. Hinzu kommt, dass Berlin eines seiner wichtigsten Naturschutz- und touristischen Naherholungsgebiete verlärmen würde.
Über die FBI
FBI steht für Friedrichshagener Bürgerinitiative. Sie wurde im April von Berliner Bürgern im Köpenicker Ortsteil Friedrichshagen gegründet und hat heute bereits mehr als hundert Mitglieder.
Zur letzten Sitzung der Fluglärmkommission hat die Initiative innerhalb weniger Wochen rund 5400 Unterschriften gegen Flugrouten über den Müggelsee, für ein Nachtflugverbot von 22.00 – 6.00 Uhr und gegen ein internationales Drehkreuz am Standort Schönefeld eingereicht. Die FBI kooperiert mit allen Bürgerinitiativen der Region und sucht aktiv den Dialog mit Politikern und BBI-Planern.
Hintergrund
Müggelsee-Flüge und das Gesundheitsrisiko
Nach Auffassung der FBI ist bislang noch nicht abschließend untersucht worden, wie sich große Wasserflächen wie der Müggelsee und das Dahme-Spree-Gebiet auf die Lärmbelastung und damit die Gesundheit der Bürger im Südosten Berlins auswirken. Nach Auffassung der Initiative können sich überflogene Wasserflächen sogar als regelrechte Lärmfallen für Anwohner und Gäste entpuppen. Besonders tückisch kann sich der so genannte Grenzflächeneffekt auswirken. Dieser sorgt dafür, dass Flüge über einem großen See zu einer Verdopplung der Lautstärke führen und sich die Dauer des Lärms sogar um das drei- bis vierfache verlängern kann – im Vergleich mit bewaldetem Gebiet. Hier wird Fluglärm stark absorbiert, also „verschluckt“. Wasser hingegen ist akustisch gesehen hart und führt deshalb zu einer vollständigen Reflexion von Schall und damit zu einer Verdopplung der Schallleistung. Dazu kommt, dass auf einer Seefläche Schallhindernisse wie Mauern, Gebäude oder Bäume fehlen, so dass der Fluglärm schon aus großer Entfernung als störend wahrgenommen wird.
Dass laute Überflüge zum Beispiel das Risiko von akuten und chronischen Herzerkrankungen erhöhen, gilt in der Medizin als unbestritten (u.a. Studie Prof. Dr. med. Greiser über die gesundheitlichen Folgen von Fuglärm in der Umgebung des Flughafens Köln-Bonn).
Müggelsee-Flüge und die Naherholung
Nach einer Zählung der Bürgerinitiative hielten sich allein am 24.4.2011 ca. 16.000 Erholungssuchende und Touristen, davon 3000 Fahrradfahrer und 450 Boote im Bereich des Müggelseeufers auf. Hochgerechnet aufs Jahr sind das ca. 1.000.000 Bürgerinnen und Bürger, die am Müggelsee Erholung suchen.
Sollten die Flugrouten direkt über den Müggelsee führen, so gehen wir davon aus, dass viele Erholungssuchende und Touristen die Region nicht mehr aufsuchen werden. Neben der Zerstörung der Naherholungsregion sind damit natürlich auch viele Arbeitsplätze und Kleinunternehmen gefährdet.
Müggelsee-Flüge und Kerosinverseuchung
Der FBI weist weiterhin darauf hin, dass im Falle eines Flugzeugabsturzes über der Müggelseeregion mit einer Kerosinverseuchung des Berliner Trinkwasserschutzgebietes im Bereich des Müggelsees zu rechnen ist.Wie soll der Bürger verstehen, dass im bestehenden Trinkwasserschutzbereich jeder neu angelegte PKW-Stellplatz gegenüber dem Erdreich spezialabgedichtet sein muss, wenn demnächst 1000de Flugzeuge beim Startvorgang den Müggelsee überfliegen werden?
Müggelsee-Flüge und der Naturschutz
Nach Mitteilung des Senats für Stadtentwicklung ist die Müggelseeregion Natura 2000 Gebiet und vereint mehrere Teilgebiete: den Müggelsee mit der östlich anschließenden Bänke, die Wiesen und Waldbereiche zwischen NSG Krumme Laake/Pelzlaakechen Kleinem Müggelsee und Dämeritzsee, das Fredersdorfer Mühlenfließ, das sowie das NSG Gosener Wiesen und den Nordostteil des Seddinsees. So vielfältig wie die Lebensräume sind die hier vorkommenden Arten. Die Müggelspree ist ein wichtiger Ausbreitungskorridor für Fische und ebenso für Biber und Fischotter, die Bänke ist mit ihren Teich- und Seerosen ein bedeutendes Brutgebiet der Trauerseeschwalbe. Der FBI ist keine Studie bekannt, die die Auswirkungen von Müggelsee-Fluglärm auf seltene Tierarten wie Fledermäuse oder Adler untersucht. Eine von der EU geforderte Verträglichkeitsprüfung der Überflüge wurde bisher nicht erstellt.
Friedrichshagener Bürgerinitiative
Anlage: Diagramm Zunahme des Erkrankungsrisikos unter nächtlichem Fluglärm von Professor Greiser.