Anlässlich der heutigen Mahnwache für die der Bürgerverein Wilhelmshagen-Rahnsdorf e. V vor dem Bundesverkehrsministerium verantwortlich war, haben wir an dem Minister Herrn Dobrindt einschließlich seiner 5 Staatssekretäre folgende 6 Briefe übergeben.
Der Minister selbst hat zusätzlich eine Mappe erhalten, wo die im Brief genannten Sachlagen teilweise zusammengestellt wurden (siehe Anlage 2). Die Mahnwache fand ohne Medien, bei recht gutem Wetter statt. An die Mitarbeiter des Bundesverkehrsministerium einschließlich der Passanten wurden Flyer verteilt. Die Mahnwache wurde durchgängig von bis zu 14 Teilnehmern abgesichert (8 Personen waren nur zugelassen). Noch einmal herzlichen Dank allen, die diese Mahnwache unterstützt haben.
Der Inhalt dieser Briefe ist folgender:
„Sehr geehrter Herr Minister,
für uns als Bürgerverein Wilhelmshagen-Rahnsdorf e. V., der heute die Mahnwache hier vor den Bundesverkehrsministerium durchführt, ist Schönefeld ein Synonym dafür, wie Recht nicht nur gebeugt, sondern aus unserer Sicht regelrecht „vergewaltigt“ wurde:
- Eine Dornierstudie wurde erstellt, wo Schönefeld auf Platz 7, dem letzten Platz lag.
- Ein Raumordnungsverfahren wurde durchgeführt, in dessen Resultat Schönefeld als ungeeignet ausgewiesen wurde.
- Ein LEPro, LPSF usw. existierten, der die Verfassungswidrigkeit von Schönefeld auswies.
Dann kamen Menschen (Staatsbedienstete), welche diese Erkenntnisse in die Tonne traten, dass Recht von unten nach oben kehrten und sich nicht einmal dabei schämten, das bis vor den obersten Gerichten zu praktizieren.
- Da wurde eine zweifelhafte Betriebsgenehmigung aus der Schublade gezaubert.
- Da wurde Schönefeld als Ausbau deklariert und nicht als Neubau.
- Da wurde eine Anhörung gemacht, beim ersten Mal mit 136.000 Einwendungen, wobei die Einwendungen wahrscheinlich den Reißwolf schneller erreichten, als sie geschrieben wurden.
- Da gab es eine (Schein-)Anhörung in Oberschöneweide bzw. Rangsdorf, zu der Herr Leyerle – ein Staatsbediensteter des Landes Brandenburg – beim BER Untersuchungsausschuss zu interessanten Aussagen kam; z. B. die, dass die Anhörungsberichte/-protokolle zu manipulieren waren!
- Da ließ man die Geltungsdauer des ROV ablaufen, damit die Gerichte sich nicht so richtig damit beschäftigen mussten.
- Da wurden Landesgesetze im Nachgang umgeändert, damit man verfassungsrechtlich die Sache hin bekommt.
- Da wurden Gesundheitsgutachter (Jansen, Scheucht) heran gekarrt, die belegen sollten, dass keine Gesundheitsgefährdung zu erwarten ist, obwohl schon im ROV und von der UBA darauf hingewiesen wurde, dass ein hohes Gesundheitsrisiko am Standort Schönefeld besteht und nach heutigem Kenntnisstand fatale Folgen eintreten werden.
- Da wurde von 100.000 neuen Jobs gesprochen, obwohl nachweislich ein Jobverlust eingetreten ist und eintreten wird.
- Da wurden Karten bei den Gerichten aufgehangen, die suggerierten, dass die Orte nur kleine Punkte sind, wo fast keiner wohnt.
- Da wurde von einem Miniflughafen für nur einen Minibedarf gesprochen.
- Da wurde von Schallschutz gesprochen, der kein Problem ist.
- Da wurde suggeriert, dass man für ein Spottgeld von nur 1,7 Mrd. € den billigsten und wirtschaftlichsten Flughafen nur an diesem Standort errichten kann.
- Da wurden Geradeausrouten dargestellt, die fast keine Menschen belasten (wenigstens da hat das BVerwG diesen Betrug anerkannt) usw. usf.
Alles erinnert einen an das Buch von G. Orwells „Farm der Tiere“, wenn man daran denkt, wie Gesetze im Nachgang hingebogen wurden. Uns persönlich tut es besonders um die schönen Naherholungsgebiete im Süden Berlins und im angrenzenden Brandenburg leid, die eine solche fatale Fehlentscheidung nicht verdient haben: angefangen von den Havelseen über Potsdam, Wannsee, Zeuthener Seengebiet bis hin zum Müggelsee-, Werlsee- und Dämeritzseegebiet.
Deshalb kann man nur zu der Erkenntnis kommen, dass Schönefeld ein politisches „Verbrechen“ ist, bei dem die gesamte Bevölkerung hier im Süden Berlins und im angrenzenden Brandenburg skrupellos getäuscht wurde.
Kostet der Standort auch 10-12 Mrd. €, wie von Faulenbach da Costa prognostiziert, „6.000 zusätzliche Schlaganfälle und 1.000 zusätzliche Brustkrebsfälle im 2-Jahreszeitraum durch die Nachtflüge am BER“, wie von Prof. Greiser voraussagt, es wird immer weiter gemacht. Und was insbesondere Fluglärm, dem man nicht ausweichen kann, für die Gesundheit bedeutet, wurde jetzt einmal mehr durch die Universität Mains (Prof. Münzel) nachgewiesen.
Jede Metropole wäre stolz, wenn sie ein solches stadtnahes Erholungsgebiet hätte, wie man es hier im Süden Berlins vorfindet. Auch dafür trägt der Bund Verantwortung. Kein Politiker in Berlin und Brandenburg und hoffentlich auch im Bund vertritt heute mehr die Meinung, dass Schönefeld mit Blick auf
- die rasante Entwicklung des Flugverkehrs,
- die zunehmende Bevölkerungsdichte der Stadt,
- die Kostenentwicklung am Standort Schönefeld,
- die verlogene Jobprognose,
- aber auch unter Berücksichtigung der bundesweiten Proteste an den stadtnahen Flughäfen in Ballungsräumen wie Frankfurt/M, Köln, München usw.
der richtige Standort ist.
Was hat Bayern aus München Riem gemacht, nachdem eine Maschine am Kirchturm hängen blieb und auf eine Straßenbahn stürzte? Den Flughafen umfunktioniert und an einem halbwegs menschen- und raumverträglichen Standort positioniert. Wie hat Bayern reagiert, als es um die Neufestlegung dieses neuen Standortes ging? Ihn nicht in die Erholungsgebiete des Alpenvorland gelegt. Hat nicht vielleicht auch das Bundesland Bayern eine Verantwortung und Vorbildfunktion für die Bundeshauptstadt?
Was hat das Bundesverkehrsministerium gemacht, als es um die südbadischen Landkreise Konstanz, Waldshut und Tuttlingen im Einflugsgebiet des Flughafens Zürich ging? Eine fluglärmfreie Nachtruhe an Werktagen von 21 bis 7 Uhr und an Wochenenden und Feiertagen von 20 bis 9 Uhr für diese Region durchgesetzt. Und sind hier bei uns die Erholungs- und Wohngebiete, in denen ca. 1,5 Mill. Menschen vom Fluglärm betroffen sein werden, weniger schützenswert?
Wir bitten deshalb: Setzen Sie sich vorerst wenigstens für ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr ein und steuern Sie um. Der geplante Großflughafen am Standort Schönefeld ist – wie Ihr Amtsvorgänger Stolpe richtig feststellte – „unmenschlich“. Dazu genügt ein Blick auf die Karte. Deshalb helfen Sie bitte auch mit, diese politische Fehlentscheidung zu korrigieren. Berlin, die Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland und Brandenburg haben im Interesse der dort lebenden Menschen, ihrer Lebensumwelt, aber auch angesichts der Kostenexplosion mit ihren wirtschaftlichen Folgen, die noch gar nicht abzusehen sind, eine solche Fehlplanung nicht verdient. Helfen Sie bitte mit, dieses Finanz- und Jobdesaster am falschen Standort zu beenden und setzen Sie sich für einen menschen- und raumverträglichen Standort ein. Schönefeld und Tegel sind es nicht! Flughäfen gehören nicht in Ballungsräume!
Für uns ist klar: Der Standort Schönefeld für einen Großflughafen ist falsch und kann im äußersten Falle lediglich eine Übergangslösung werden, die mit einer strengen Nachtflugreglung ausgestattet sein muss. Das fordern wir auch für den eventuellen Weiterbestand von Tegel und Schönefeld bis zu einem Zeitpunkt, an dem ein von der Bevölkerung akzeptierter neuer Standort unter Berücksichtigung der Expertengutachten gefunden ist.
gez. Vorstand Bürgerverein Wilhelmshagen-Rahnsdorf e. V.